Viele Pferdekäufer fürchten folgenden Fall: Kurz nach Kauf des Tieres stellt sich heraus, dass das Pferd krank ist.
Um ein solches Risiko weitestgehend auszuschließen und finanziellen Schaden zu vermeiden, wird das Pferd oftmals im Rahmen des Kaufs einem Tierarzt vorgestellt, welcher die sogenannte Ankaufsuntersuchung (kurz: AKU) durchführt. In der Regel beauftragt also der Käufer einen Tierarzt mit einer gründlichen Untersuchung des Pferdes. Seltener ist der Fall, dass der Verkäufer selbst den Tierarzt beauftragt (in diesem Falle: Verkaufsuntersuchung).
Die Ankaufsuntersuchung, in der Praxis häufig „Pferde-TÜV“ genannt, ist ein ausschlaggebendes Kriterium, welches beim Kauf eines Pferdes zu berücksichtigen gilt. Hierbei wird zwischen der „kleinen Ankaufsuntersuchung“ und der „großen Ankaufsuntersuchung“ unterschieden.
Die „kleine Ankaufsuntersuchung“ umfasst die Überprüfung des Allgemeinzustandes, Haut- und Fellkontrolle, Abhören von Herz und Lunge, Messen von Temperatur, Atemfrequenz und Puls, Untersuchung des Nervensystems, der Augen, des Atmungssystems und des Kots, Abtasten von Rücken und Beinen, Beurteilung des Bewegungsapparats im Trab sowie eine Belastungsprobe.
Bei der „großen Ankaufsuntersuchung“ werden außerdem endoskopische Untersuchungen, Ultraschall-Untersuchungen, Samenproben bei Hengsten, Blutuntersuchungen sowie Röntgenaufnahmen durchgeführt, so dass zum Beispiel durch letztere Auffälligkeiten wie Chips (Knochenteilchen, von Knorpel überzogen) sofort festgestellt werden können.
Anhand der Ergebnisse seiner Untersuchung beurteilt der Tierarzt, ob das Pferd für die vom Käufer vorgesehenen Zwecke geeignet ist.
Rechtlich gesehen handelt es sich bei tierärztlichen Untersuchungen zwar um einen Dienstvertrag (dieses Thema wurde in der Ausgabe Januar 2021 näher beleuchtet). Eine Ankaufsuntersuchung stellt jedoch einen Werkvertrag dar, da der Tierarzt dem Auftraggeber einen fehlerfreien Befund schuldet. Er ist verpflichtet, ein bestimmtes Werk zu leisten, nämlich die Untersuchung ordnungsgemäß durchzuführen, das Ergebnis der Untersuchung mitzuteilen und bei Bedarf zu erörtern, Auffälligkeiten des Pferdes zu kommunizieren und weitere Vorgehensweisen in Bezug auf die Befunde zu empfehlen.
Ein Tierarzt, der seine Pflichten aus dem Vertrag über die Ankaufsuntersuchung eines Pferdes verletzt und dadurch einen unzutreffenden Befund erstellt hat, haftet daher nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 26. Januar 2012 - VII ZR 164/11) dem Käufer für den Schaden, der ihm deshalb entstanden ist, weil er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
Dem Tierarzt muss allerdings nachgewiesen werden, dass seine Ankaufsuntersuchung fehlerhaft war, z.B. weil er offensichtliche Erkrankungen nicht erkannt hat. Gelingt dem Käufer dieser Nachweis, hat er mehrere Möglichkeiten vorzugehen. So steht es ihm frei, gegen den Pferdeverkäufer wegen Verkauf eines mangelhaften Pferdes vorzugehen oder aber den Tierarzt aufgrund der mangelhaften Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch zu nehmen.
Hat der Verkäufer den Tierarzt beauftragt, kann der Käufer jedoch nicht seine Ansprüche gegenüber dem Tierarzt geltend machen, da er nicht sein Vertragspartner ist. Er hat jedoch eigene vertragliche Ansprüche gegen den Verkäufer, welcher wiederrum den ihm dadurch entstehenden Schaden bei dem Tierarzt ersetzt verlangen kann.
Grundsätzlich hat derjenige, der den Tierarzt für die Kaufuntersuchung beauftragt, auch die Kosten der Untersuchung zu tragen. Allerdings können sich die Parteien vor Beauftragung des Tierarztes beispielsweise auf eine Kostenteilung einigen oder die Kostenlast von einem bestimmten Ergebnis der Untersuchung abhängig machen.
Eine Ankaufsuntersuchung ist immer ratsam, vor allem jedoch, wenn der Verkaufspreis des Pferdes hoch liegt. Mit der AKU wird der Gesundheitszustand des Pferdes zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt schriftlich fixiert, weshalb darauf geachtet werden sollte, dass die Untersuchung nicht bereits mehrere Monate vor dem Kauf durchgeführt wurde.
Die Ankaufsuntersuchung kann als Beschaffenheitsvereinbarung in den Kaufvertrag aufgenommen werden mit der Folge, dass dem Käufer bei Abweichungen von dieser vereinbarten Beschaffenheit Sachmängelgewährleistungsrechte zustehen. Aus Sicht des Verkäufers ist es gerade aus diesem Grunde dagegen nicht ratsam, die tierärztliche Untersuchung sowie deren Ergebnis zu einer Beschaffenheit werden zu lassen, da er für jede Abweichung von eben jener haftet.
Haben Sie Fragen rund um dieses Thema oder zum Pferderecht im Allgemeinen? Dann kontaktieren Sie mich gerne zwecks einer umfassenden Beratung.
Lisa Adler-Malm
Rechtsanwältin
Beitrag veröffentlicht in: Pferde Rhein Main, Ausgabe März 2021
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