Der Einstellvertrag

Der Einstellvertrag

Nahezu jeder, der sein Pferd nicht bei sich zu Hause, sondern in einem fremden Reitstall oder auf einer fremden Wiese untergebracht hat, hat – ob mündlich oder schriftlich – einen Vertrag geschlossen: Den sogenannten Einstellvertrag (auch Pferdepensionsvertrag oder Einstellungsvertrag). Zwar machen sich die wenigsten Pferdebesitzer Gedanken darum, wie ein solcher Vertrag rechtlich einzuordnen ist, doch spätestens wenn eine der Vertragsparteien, also Stallbetreiber oder Stalleinsteller, seinen vertraglich festgelegten Pflichten nicht nachkommt, spielt die Frage nach der rechtlichen Einordnung eine wesentliche Rolle.

Vorzugsweise werden die Leistungen und somit auch der Vertragstyp bereits im Vorfeld zwischen den Parteien abgesprochen und schriftlich niedergelegt. Dies hat den Vorteil, dass nachträglich auftretende Probleme oft einfacher gelöst werden können.

Ein Einstellvertrag kann auch mit verschiedenen Leistungen verbunden sein, wobei er dennoch ein einheitliches Ganzes bildet und nicht in einzelne Vertragsbestandteile aufgespalten werden kann. So wird für die Beurteilung eines solchen Einstellvertrags, der gemischte Vertragstypen enthält, nur ein einziges Vertragsrecht angewandt, und zwar das, welches eindeutig den Schwerpunkt des Vertrages bildet. Hier kommt es also auf den mutmaßlichen Parteiwillen an.

So kann es sich zum Beispiel ausschließlich um die Überlassung einer Box oder/und eines Weideplatzes handeln, wobei die Fütterung und Bewegung des Pferdes sowie die Säuberung der Box durch den Einsteller erfolgt. Dies hat zur Folge, dass mietrechtliche Aspekte im Vordergrund des Vertrages stehen.

Die Einordnung des Vertrages wird allerdings schwieriger, wenn weitere Leistungen des Reitstalls hinzutreten, beispielsweise das Misten und Füttern des Pferdes oder auch das tägliche Verbringen des Pferdes auf die Weide.

Manche Gerichte sehen den Pferdepensionsbetreiber hier als Dienstleister (den Vertrag somit im dienstvertraglichen Bereich), da das Füttern, Tränken, Ausmisten etc. zum Vertragsinhalt gehöre und den Schwerpunkt des Vertrages bilde.

Bei einer solchen Einordnung wird jedoch ein wesentlicher Aspekt außer Acht gelassen: Die Obhut des Pferdes. Dem Pferdehalter kommt es meist – und dies nicht nur nebensächlich – darauf an, dass sein Pferd gut aufgehoben ist. Dies führt dazu, dass verwahrungsrechtliche Elemente in der Regel eine prägende Rolle spielen. Für die Einordnung eines Einstellvertrages in einen Verwahrungsvertrag statt eines Dienstleistungsvertrages oder Mietvertrages spricht unter anderem, dass zur Verwahrung von Tieren auch das Füttern und Bewegen gehört und dem Pferdebesitzer in der Regel daran gelegen ist, dass es seinem Pferd gut geht.

Die Einordnung des Einstellvertrages in einen bestimmten Vertragstyp ist also, wie bereits eingangs erwähnt, vor allem dann wichtig, wenn es um die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien geht.

So auch bei der Kündigung: Während bei einem Mietvertrag regelmäßig eine Kündigungsfrist von drei Monaten vorgesehen ist, beläuft sich die Frist bei einem Dienstvertrag auf 15 Tage bzw. einen Monat wohingegen bei einem Verwahrungsvertrag gar keine Frist läuft: Der Einsteller hat jederzeit das Recht, seine in Obhut gegebene Sache zurück zu fordern. Anders herum ist aber auch der Stallbetreiber dazu berechtigt, den Pferdebesitzer jederzeit aufzufordern, sein Pferd zurück zu nehmen.

Dass die rechtliche Einordnung in einen Vertragstyp und damit die Bestimmung der Kündigungsfrist in der Praxis jedoch nicht immer so einfach ist, liegt auf der Hand. Schwierigkeiten entstehen zum Beispiel dadurch, wenn im Vertrag eine Kündigungsfrist vereinbart wurde, beispielsweise drei Monate, der Vertrag aber hauptsächlich verwahrungsrechtliche Elemente aufweist. Dann stellt sich die Frage, ob die vertraglich vereinbarte Frist überhaupt wirksam ist.

Oftmals stellen solche Verträge Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar, welche gewisse Anforderungen erfüllen müssen. So kann eine AGB unwirksam sein, wenn von der gesetzlichen Regelung abgewichen und damit der Verbraucher unangemessen benachteiligt wird.

Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Einsteller nicht nur eine Box mietet, sondern sein Pferd in die Obhut des Pensionsbetreibers gibt und somit verwahrungsrechtliche Elemente im Vordergrund stehen. Gesetzlich sind bei einem Verwahrungsvertrag, dies wurde bereits erwähnt, keine besondere Kündigungsfrist und -form vorgeschrieben. Die Kündigungsklausel, welche eine Frist von drei Monaten vorsieht, wäre somit unwirksam.

Allerdings urteilen die Gerichte in solchen Fällen weitestgehend, dass ein Mittelweg heranzuziehen sei, da die Parteien ursprünglich drei Monate vereinbart hatten und es unbillig sei, nun von keiner Kündigungsfrist auszugehen. Regelmäßig dürfte in solchen Fällen also von einer Kündigungsfrist von ein bis zwei Monaten auszugehen sein.

Dieser Beitrag zeigt, dass die rechtliche Einordnung von Einstellverträgen oft nicht ohne Weiteres vorzunehmen ist. Gerne bin ich Ihnen bei der Beantwortung von Rechtsfragen auch in diesem Gebiet behilflich.


Lisa Adler-Malm
Rechtsanwältin


19.06.2020
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