Pferde auf der Weide – was es zu beachten gilt
Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen: Die Weidesaison steht vor der Tür und das damit verbundene Verletzungsrisiko steigt. Darum ist es wichtig zu wissen, wie man sich im Schadensfall verhält und noch wichtiger, wie ein solcher verhindert werden kann.
Zunächst soll erläutert werden, wie eine Weide beschaffen sein sollte, um die Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Verletzung zu minimieren. Hierbei ist immer zu bedenken, dass pferdegerechte Haltungsbedingungen die Grundlage für leistungsbereite und gesunde sowie zufriedene Pferde darstellen. Gerade die Freilandhaltung kommt den Bedürfnissen der Pferde besonders entgegen. Es sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, so dass die Tiere vor extremen Witterungsverhältnissen gesichert sind. Auch sollte die richtige Standortwahl eingehalten werden.
Zwar sehen viele Landwirte, Pensionsbetreiber und private Halter mittlerweile davon ab, und doch sieht man sie hier und da: Die Einfriedung von Pferdeweiden mit Stacheldrahtzäunen. Diese Möglichkeit der Weideumzäunung verstößt jedoch gegen das Tierschutzgesetz (§ 2 Nr. 1 TierSchG), „wenn nicht durch einen geeigneten Innenzaun sichergestellt ist, dass die Pferde keinen Kontakt mit dem Stacheldraht haben können (VG Oldenburg, Urteil vom 13.06.2012 - 11 A 1266/11). Tierschutzwidrig sind ebenfalls defekte oder unzureichende Einfriedungen.
Es ist also unbedingt darauf zu achten, dass die Einzäunung keine erhöhte Verletzungsgefahr für Pferde darstellt, sie muss stabil und ausbruchssicher sein und für die Pferde gut sichtbar und respekteinflößend. Aus diesem Grunde ist auch die ausschließliche Verwendung von Glattdraht ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Ein geeigneter Standartkoppelzaun weist nach den Empfehlungen der FN (Deutsche reiterliche Vereinigung) eine Höhe von 1,20-1,50 Meter auf. Die Pfähle sollten aus Hartholz, Beton oder Stahlrohr bestehen und in einem Abstand von 2,60 bis maximal fünf Meter zueinander stehen. Die Länge der Pfähle beträgt 1,80 – 2,25 Meter, wobei davon ein Drittel im Boden stecken sollte. Auch sollte der Zaun über zwei bis vier Querabgrenzungen mit Abständen zwischen 40 und 70 Zentimeter zueinander verfügen. Bei Fohlen und Ponys oder sehr großen Pferden ist die Höhe entsprechend anzupassen. Die Querabgrenzungen können entweder ebenfalls aus Holz oder Rohren bestehen oder alternativ aus starkem Förderbandgummi oder Kunststoff. Hier sollte jeweils auf eine gute Qualität aus dem Fachhandel geachtet werden Die Verwendung von Elektrozäunen ist möglich, allerdings ebenfalls nicht als alleinige Außenumzäunung.
Kommt ein Pferd auf der Weide zu Schaden, stellt sich die Frage, wer die Verletzung zu verantworten hat. Ist die Weide unzureichend und entgegen der obigen Ausführungen umzäunt und verletzt sich das Pferd beispielsweise an einem unzureichenden Pfahl oder an einem Stacheldrahtzaun so kommt eine Haftung des Stallbetreibers in Betracht. Ebenfalls haftet der Stallbetreiber / Pensionsbetreiber für Schäden Dritter, beispielsweise wenn das Pferd aufgrund nicht ausbruchsicherer Umzäunung ausbricht und es zu einer Kollision mit einem Fahrzeug kommt. Allerdings kommt hier auch eine Mithaftung des Tierhalters in Betracht, da dieser sich die tierspezifische Gefahr (Stichwort: Fluchtinstinkt), die für die Herbeiführung des Schadens mitverantwortlich sein könnte, anrechnen lassen muss.
Natürlich sind auch Verletzungen der Pferde auf der Weide möglich ohne dass die Beschaffenheit der Weide ursächlich dafür ist. Gerade in größeren Herden kommt es vor, dass Pferde sich gegenseitig verletzten. Vor allem bei der Weidehaltung existiert eine natürliche Rangordnung unter den Pferden, so dass es zu – meist nur leichten – Verletzungen kommen kann.
Grundsätzlich ist in diesen Fällen auf die Halterhaftung nach § 833 BGB abzustellen. Hiernach haftet der Tierhalter für alle Schäden, die durch sein Tier verursacht werden, verschuldensunabhängig, also ohne, dass es auf das Verschulden des Halters ankommt. Da in den meisten Fällen ein bestimmter Hergang, der zur Verletzung geführt hat, nicht bewiesen werden kann, haften die Halter der beteiligten Pferde meist anteilig: Wenn also zwei Pferde auf der Weide standen und eines wurde verletzt, so haftet der Halter des zweiten Pferdes nur zur einen Hälfte, der Halter des verletzten Pferdes zur anderen Hälfte. Anders sieht es selbstverständlich aus, wenn der Vorfall beobachtet wurde und nachgewiesen kann, dass ein Pferd das andere geschädigt hat und das verletzte Pferde keine Schuld trifft. In diesem Fall geht die volle Haftung zulasten des für die Verletzung ursächlichen Pferdes.
Die Beurteilung, ob eine Weide entsprechend der tierschutzrechtlichen Vorgaben beschaffen ist, stellt sich nicht immer einfach dar, ebenso wenig wie die Haftungsverteilung im Schadensfalle. Sollten Sie Fragen rund um die Weidehaltung bei Pferden oder um das Pferdrecht im Allgemeinen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Lisa Adler-Malm
Rechtsanwältin
Beitrag veröffentlicht in: Pferde Rhein Main, Ausgabe Mai 2021
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